#55 Veränderung der Mutterrolle in den Wechseljahren

… zurück zu Dir selbst

Lass uns heute einmal darüber reden, wie sich das Thema Wechseljahre auf unser Muttersein auswirkt. In dieser Zeit sind die Kinder meist schon groß oder sogar aus dem Haus. Das bedeutet, in den meisten Fällen haben wir nicht mehr die große Verantwortung, wie damals, als sie noch kleiner waren. Je nach Alter kommen unsere Kinder mehr und mehr in die Selbstverantwortung. Sie lösen sich von uns und gehen ihre eigenen Wege. Einerseits sollte uns das so richtig stolz machen. Andererseits tut es uns aber auch weh. Unsere eigentliche Aufgabe als Mutter scheint getan. 

Spätestens an diesem Punkt fallen viele Frauen (Mütter) in den Wechseljahren in ein tiefes Loch. Sie fühlen sich nicht mehr gebraucht. Ein Gefühl von Nutzlosigkeit schleicht sich vielleicht ein. Auch das ist ein Teil im Prozess der Wechseljahre. Denn spätestens jetzt werden wir knallhart auf uns selbst zurückgeworfen. Jetzt zeigt sich, ob wir uns in unserem bisherigen Leben selbst wichtig genug genommen haben. Ja, Du hast richtig gelesen. Es stellt sich die Frage, ob es in der Vergangenheit auch genügend andere Dinge gegeben hat, die uns wichtig waren, vor allem unsere eigenen Bedürfnisse und Wünsche. Haben wir uns fast ausschließlich über unsere Rolle als Mutter definiert, dann bekommen wir spätestens jetzt ein Problem bzw. wir kommen in einen Konflikt, den es zu lösen gilt.

Ich für meinen Teil kann sagen, dass dieses Muster genau auf mich zutrifft. Dabei war ich mir in meinen jungen Jahren überhaupt noch nicht darüber klar, dass ich 3 Kinder bekommen möchte. Manche Frauen haben das ja von Anfang an schon klar vor Augen. Nein, bei mir sind diese Wünsche erst mit der Zeit gereift. Und jeder Kinderwunsch kam von Herzen.

Foto: Britta Thiele, Sonnenkind-Zeit

Meine eigenen Erfahrungen

In meiner Rolle als Mutter bin ich aufgegangen, habe mich ausschließlich darüber definiert. Ich hatte jetzt die Verantwortung für meine Kinder ….. und ….. war doch völlig überfordert damit. Ich wollte unbedingt alles richtig machen. Mein ältester Sohn ist zu einer Zeit geboren, als wir noch nichts ergooglen konnten und selbst die Literatur zum Thema Kinderentwicklung war sehr begrenzt. Auch die Beeinflussung durch die öffentlichen Medien war nur gering. Also musste ich zwangsläufig intuitiv handeln und entscheiden. Das hat auch super funktioniert. Meistens jedenfalls.

Bei meinem zweiten Sohn und erst recht zum Zeitpunkt der Geburt meiner Tochter war das schon ganz anders. In beiden Fällen wurde ich in meiner Frauenarztpraxis bereits mit großen Pappkoffern voller Broschüren und Lesematerial ausgestattet, lange bevor ich überhaupt den Mutterpass hatte. Eine äußerst bedenkliche Entwicklung. Die Beeinflussung von außen und die ständige Berieselung mit all dem, wie die perfekte Erziehung und Entfaltung des Kindes aussehen sollte, setzt massiv unter Druck. Und wir verlernen dadurch, auf unsere so unfassbar kluge Intuition zu hören.

Dieser Fakt ist schon nicht zu unterschätzen, wenn alles ganz „normal“ läuft. Sind dann aber die Kinder noch geplagt von chronischen Krankheiten und Allergien, wie in meinem Fall, wird eine Maschinerie in uns angestoßen, die nicht mehr oder nur sehr schwer zu stoppen ist. Spätestens jetzt wollte ich als Mutter unbedingt dreihundert Prozent geben, eben alles richtig machen. Aufgrund der Erkrankungen und Allergien habe ich, weil wir damals auch die Möglichkeit dazu hatten, so viel wie möglich im eigenen Garten angebaut. Im großen Stil. Ich habe selbst verarbeitet, immer frisch gesund gekocht, Smoothies zubereitet. Ja, selbst Süßigkeiten in gesunder Form habe ich selbst hergestellt. Sogar das Mittagessen habe ich (wegen der Allergien) für meine Kinder in die KITA gebracht. Und es hat Wirkung gezeigt. Immer mehr konnten die teils wirklich schweren Medikamente reduziert, am Ende vollständig abgesetzt werden und nach insgesamt 4 Jahren waren sie komplett gesund. Das war ein wunderbares Ergebnis.

Ernüchternde Resultate

Doch was hat es uns letztendlich gebracht? Meine Kinder wurden in der KITA und später in der Schule als „spezielle Kinder“ von den Erziehern/Lehrern und auch den anderen Kindern behandelt. Sie wurden nicht mehr zu Kindergeburtstagen eingeladen. Ihr Freundeskreis war sehr begrenzt. Ich selbst war chronisch erschöpft, müde und gereizt. In der gemeinsamen Zeit mit meinen Kindern war ich nicht mehr wirklich präsent. Wenn ich heute zurückdenke, fallen mir nur sehr wenige Momente ein, in denen ich auch mental hundertprozentig bei der Sache war. Und das zerreißt mir das Herz.

Durch mein Handeln habe ich natürlich auch mich selbst isoliert. Ich hatte keine Zeit mehr für Freunde, Kultur und meine Wünsche. Ich wollte stark sein, alles unter einen Hut bekommen. Alles andere hätte sich für mich wie Versagen angefühlt. Und am Ende war ich schrecklich allein.

Dabei bin ich wahrlich kein Einzelfall. In unserer Gesellschaft werden durch öffentliche und soziale Medien die Frauen darauf konditioniert, multitaskingfähig, stark, aber auch zurückhaltend (brav) und liebevolle Partnerin zu sein. In den Köpfen der Menschen existiert in der Zwischenzeit ein so verschobenes Frauen- und Mutterbild. Dem kann keine Frau niemals gerecht werden. Und so viele Statistiken spiegeln wieder, dass dieser Zustand nicht normal ist. Die Mehrzahl der Frauen ist überfordert, was sich in den verschiedensten Symptomen zeigt. 

Foto: Britta Thiele, Sonnenkind-Zeit

Die Reflexion in den Wechseljahren

Meist zur gleichen Zeit, in der sich die Wechseljahre zeigen, sind die Kinder dann schon recht groß, werden flügge und manche starten schon in ein eigenständiges Leben. Es ist die Zeit des Loslassens. Und wenn Du Dich, genauso wie ich, über das Muttersein definiert hast, dann wird es nun richtig schwer. Denn gerade jetzt sind wir so sehr aufgefordert, uns mit uns selbst zu beschäftigen. Zuerst kommen Fragen, wie:

> Habe ich für und mit meinen Kindern alles richtig gemacht?

> Wie sehen meine Kinder mich als Mutter? 

> Empfinden sie ihre Kindheit als schön und erinnern sich gern?

> Konnte ich immer für sie da sein?

Dir fallen sicher noch viel mehr Fragen ein und auch bei mir sind es mehr gewesen. Es sollen nur ein paar Beispiele sein. Das Fatale hierbei ist aber, dass wir ganz schnell in die Schuld-Falle tappen können. Denn unser Gehirn erinnert sich vorwiegend an negative Erfahrungen. Es speichert sie ab, um gewappnet zu sein, wenn ähnliche Situationen auftauchen. Seine Aufgabe ist es, uns zu schützen. Dadurch kommt es schnell dazu, dass uns einfällt, was alles nicht so gut gelaufen und gelungen ist. Du erinnerst Dich vielleicht an Situationen, in denen Du nicht ausreichend für Deine Kinder präsent sein konntest, einfach, weil es Dir möglicherweise auch nicht gut ging. Dir fällt ein, dass Du hättest anders reagieren und andere Worte wählen sollen. So ging es mir. Was soll ich sagen, ich habe auf so viele Momente zurückgeblickt, für die ich mich geschämt habe. Geschämt, weil ich doch lauter geworden bin. Geschämt, weil ich aus Zeitmangel nicht wirklich zugehört und dadurch manches Mal das Ausmaß des seelischen Leids nicht bemerkt habe. Geschämt, weil ich nicht sehen konnte, wie toxisch meine Ehe damals war. Denn ich bin immer davon ausgegangen, dass ich Schuld war, ich hätte mich nur noch mehr anstrengen müssen. Geschämt, weil ich mich seit damals absolut aufgeopfert habe, um meine Kinder zu schützen und ihnen eine „tolle“ Familie zu bieten, so gut es eben ging.

Das kannst Du aktiv tun, um Dir zu helfen

Ganz wichtig ist, nicht an diesem Punkt hängen zu bleiben. Diese Erkenntnisse sind zweifellos wichtig für die Reflexion. Aber wenn sie uns bewusst sind, bedeutet es auch, dass wir damit arbeiten können und sollten. Ich erzähle Dir heute meine Erfahrungen und Tools, die mir so sehr geholfen haben.

Annahme ist der erste wichtige Punkt. Um meinen Schmerz und die Schuldgefühle heilen zu können, musste ich zunächst akzeptieren und annehmen, dass alles so gelaufen ist und ich entsprechend gehandelt habe. Das ist mir extrem schwergefallen. Ganz wichtig, hier befindest Du Dich bereits in einer Meta-Perspektive. Du siehst die Situationen aus einer Art Vogelperspektive. Das bringt die nötige Klarheit für den folgenden Punkt.

Mitgefühl ist der nächste Schritt. Ich habe gelernt, Mitgefühl mit mir selbst zu haben. Denn aus dieser Vogelperspektive habe ich gesehen, dass ich, gemessen an meinem eigenen emotionalen Zustand, immer mein Bestmögliches gegeben habe. Punkt. Anders war es mir damals einfach nicht möglich. Auch das war nicht leicht, aber als ich dieses Mitgefühl für mich selbst empfinden konnte, war Schritt Nummer 3 die logische Folge für die Zukunft.

Lernen aus den eigenen Fehlern. Die Vergangenheit konnte ich nicht mehr ändern, aber wie ich im Hier und Jetzt entscheide, hat großen Einfluss auch die Reaktionen in meinem Umfeld und für die Zukunft. Auch wenn meine Kinder jetzt schon groß und teilweise aus dem Haus sind, kann ich noch immer für sie da sein. Zu einhundert Prozent präsent. Vorbild sein, aufmerksam zuhören, wenn sie einen Rat brauchen und ich kann ihnen mit meiner Gegenwart einen Ort schenken, an dem sie sich immer Zuhause fühlen können.

Mich selbst wichtig nehmen ist wohl der allerwichtigste Punkt. Und ganz ehrlich, das lerne ich bis heute und sicher noch weit darüber hinaus. Durch unsere Prägungen läuten bei so vielen von uns bei diesen Worten alle Alarmglocken. Denn wir gehen davon aus, dass genau das Egoismus ist. Ich habe gelernt, dass es eben kein Egoismus ist. Nur dann, wenn ich absolut in meiner Kraft bin, kann ich auch für andere da sein. Also sollte ich mich vorab immer gut um mich selbst kümmern. Vor allem ganz besonders jetzt, verstärkt durch die unterschiedlichsten Wechseljahressymptome, macht es wirklich Sinn.

Foto: Britta Thiele, Sonnenkind-Zeit

Zu guter Letzt

Aus meiner eigenen Erfahrung heraus empfehle ich Dir, sei geduldig. Dein Kopf wird Dir immer wieder dazwischen plappern und es werden gerade am Anfang immer wieder die alten Schuldgefühle hochkommen. Es ist ein Prozess und der braucht seine Zeit. Beginne also in kleinen Schritten. So habe ich es auch gemacht. Dann kann sich Dein System langsam an die neuen Selfcare Routinen gewöhnen und Dein Umfeld auch. Du programmierst Deinen Körper quasi langsam und Step by Step um.

Ich danke Dir von Herzen, dass Du mir bis zum Ende gefolgt bist und hoffe, Du konntest einige Tipps und Inspirationen für Dich mitnehmen. Solltest Du Fragen haben oder gar mit Themen hadern, bei denen Du absolut nicht weiter kommst, dann melde Dich gern bei mir. Lass uns das einmal gemeinsam ansehen und eine passende Lösung finden.

Nun ist es Zeit, einen Punkt zu setzen. Also gib gut auf Dich Acht und hab einen tollen Tag. Alles Liebe für Dich. 🥰

Deine Britta. 🌻

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